Um was geht es eigentlich?

Besonders viele Menschen fragen mich in letzter Zeit nach Informationen zum Thema Burn-Out und was man dagegen tun kann. In diesem Blog-Artikel möchte ich auf Ursachen, Symptome , Behandlungsmöglichkeiten und Prävention eingehen. Hier erfährst du alles, was du wissen musst, ob du betroffen oder gefährdet bist und was du dagegen unternehmen kannst.

Fast jeder hat diesen Begriff schon mal gehört, aber derzeit ist ein „Burn-Out“ noch immer keine eigenständige Diagnose (soll sich demnächst ändern) und daher wird häufig eine Depression oder Anpassungsstörung diagnostiziert. Das „Burn-Out“ hängt jedoch vorrangig mit der Arbeit zusammen und der Stress in der Arbeit, der gefühlt nie endet, führt dann zu den Problemen und der Symptomatik, was in weiterer Folge andere zusätzliche Probleme verursacht.

Definition und Symptome

Burn-Out beschreibt einen Zustand von körperlicher und emotionaler Erschöpfung, einem „ausgebrannt sein“. Es ist eine Art Krise, die als Reaktion auf chronischen Stress und anhaltender Überlastung (hauptsächlich am Arbeitsplatz, in weiterer Folge überall) auftreten kann. 

„Ich habe zu viel, zu lange, für zu wenig Anerkennung, ohne Rücksicht auf mich, für andere getan.“ [1]

Die Symptome können sich auf emotionaler, geistiger oder auch auf körperlicher Ebene äußern und sind individuell sehr unterschiedlich. Sie können sich auch mit unterschiedlichen Phasen oder Stadien verändern. Die unteren Punkte sind nur ein Ausschnitt von unzählig vielen möglichen Symptomen und ist somit nicht vollständig.

Die unklare Diagnostik und Symptomatik führt auch zu einer etwas unklaren Therapie. [3] Zumindest ist es schwierig zwischen Prävention und Therapie zu unterscheiden und dazu kommt noch, dass Interventionen oft unterschiedlich genannt werden, was für noch mehr Verwirrung sorgt. [4] Zusätzlich gibt es kaum Studien, welche die Wirksamkeit einer bestimmten Therapieform besonders unterstützen.  Trotzdem gibt es natürlich unzählige Behandlungsmöglichkeiten, Interventionen und Therapieformen, um die Symptomatik zu verbessern. 

Bedeutung von Stress

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Die Zeit ist in unserer Wahrnehmung veränderbar

Stress wird umgangssprachlich als etwas negatives dargestellt, dabei benötigen wir ein gewisses Maß an Stress, das uns aktiviert und motiviert etwas zu tun. Wie immer kommt es natürlich auf die Dosis an, die das Gift macht. Unser Körper ist sehr widerstandsfähig und stressresistent, braucht aber unbedingt Phasen der Erholung, um sich zu regenerieren. 

Gönnen wir uns also zu wenig Pausen und sind diese Pausen nicht erholsam, weil wir zum Beispiel grübeln, dann laufen wir Gefahr uns „auszubrennen“.

Bin ich gefährdet ein Burn-Out zu bekommen?

Prinzipiell kann jeder Mensch ein Burn-Out bekommen und es ist nicht ausgeschlossen, dass genetische Veranlagungen auch eine Rolle spielen können. Es gibt jedoch einige Anzeichen dafür, besonders gefährdet zu sein, da einige Eigenschaften mit Burn-Out korrelieren oder zu einem erhöhten Risiko führen. 

Prinzipiell scheint es 2 Typen von Menschen zu geben, die besonders gefährdet sind: 

Typ 1) Menschen, die sich stark anpassen, wenig Selbstbewusstsein haben, ständig alles richtig machen wollen, Angst davor haben Fehler zu machen, Angst vor Konflikten haben und ihre Bedürfnisse deswegen unterdrücken.

Typ 2) Menschen, die sehr zielstrebig und ehrgeizig sind, die einen starken Wunsch nach Macht, Kontrolle oder Anerkennung haben und ihre Schwächen und Grenzen nicht wahrnehmen wollen.

Wenn du aus einem Umfeld von „Workaholics“ kommst und du ständig an deiner Leistung gemessen wurdest, wäre das zum Beispiel ein weiterer Risikofaktor, da du deinen Selbstwert über Leistung und Arbeit definierst. Wenn du dir schwer tust Grenzen zu setzen und „Nein“ zu sagen, gibst du vielleicht ständig mehr, als dir gut tut. Ein starker Wunsch nach Anerkennung und Perfektionismus sind zusätzliche Faktoren, die eine Rolle spielen können. Zu Beginn ist meist immer das Problem, sich nicht mehr entspannen zu können gegeben, was ein „abschalten“ und somit eine Erholung vom Stress verhindert. Enden kann ein Burn-Out mit einer schweren Depression, die sich dann nicht nur auf den Bereich der Karriere, sondern alle Lebensbereiche auswirkt.

Hier oder im Link am Ende des Artikels findest du einen Fragebogen, den du ausfüllen kannst, der vielleicht interessant für dich ist. Er testet die Dimensionen „Emotionale Erschöpfung“, „Depersonalisation“ und „persönliche Leistungsfähigkeit“, die alle stark mit Burn-Out in Verbindung stehen. ACHTUNG – auch dieser Test ist klinisch nicht gesichert und stellt somit keine Diagnose dar!

Weitere Risikofaktoren von Burn-Out

Burn-Out ensteht meist aus einer Kombination von inneren Faktoren und äußeren Faktoren. Sowohl Außenwelt, als auch Innenwelt können entscheidende Rollen spielen. Ist die Außenwelt der Hauptfaktor kann man von „passivem“ Burn-Out oder auch „Wear-Out“ („Zermürbung“) sprechen. Meist spielen die inneren Faktoren jedoch auch eine sehr große Rolle, hier spricht man dann von „aktivem“ Burn-Out („Selbstverbrenner“).

Die 7 Phasen des Burn-Outs

Die Phasen stammen von Prof. Burisch und werden hier auch wieder vereinfacht dargestellt. Jede Phase ist geprägt von bestimmten Eigenschaften, die hier kurz eingegangen werden. Die Übergänge sind fließend und es können auch Phasen übersprungen werden und man kann auch wieder in vorherigen Phasen zurückspringen. Es gibt auch noch das 12-Phasen Modell von Freudenberger und North (1992), welches als Screeningtool dienen kann. [5]

Phase 1 - Ehrgeiz

Diese Phase ist geprägt von Leidenschaft und dem Drang sich zu beweisen. Ein Gefühl von Unentbehrlichkeit und zu wenig Zeit in Kombination mit der Verleumdung von Bedürfnissen und Misserfolgen sind präsent, sowie ein erster Rückzug von sozialen Kontakten ist möglich. 

Häufige Gefühle in dieser Phase sind Rastlosigkeit, Energiemangel, Schlafmangel und Anfälligkeit für Erkrankungen.

Phase 2 - Reduziertes Engagement

Durch den Ehrgeiz entsteht eine starke Erwartungshaltung. Bleibt Anerkennung und Erfolg aus entsteht Frustration und eine „innere Kündigung“, also es wird nur noch das Nötigste getan, zusammen mit einer „Entpersonalisierung“, das Mitgefühl für andere nimmt stark ab.

Häufige Gefühle in dieser Phase sind Gefühle mangelnder Wertschätzung, Distanziertheit, Kälte und Zynismus, und negative Gefühle gegenüber Kollegen.

Phase 3 - Emotionale Reaktionen

Die Realität sickert langsam durch, eine Desillusionierung entsteht, für die Schuldige gesucht werden. So kann Wut entstehen oder wenn die Schuld sich selbst zugeschrieben wird, erste Anzeichen von Depressionen.

Häufige Gefühle in dieser Phase sind Reizbarkeit, Zorn, innere Leere, Angst, Pessimismus, oder Hilflosigkeit.

Phase 4 - schwindende Leistungsfähigkeit

Die starke emotionale Belastung und die geringe Motivation führen zu Leistungseinbußen. Termine werden vergessen und es passieren vermehrt Fehler. Eine gewisse Kraftlosigkeit macht sich breit.

Zusätzlich können Probleme bei komplexen Aufgaben und Entscheidungen auftreten.

Phase 5 - Desinteresse

Emotionaler Rückzug auf Grund des Energiemangels findet statt. Hobbies werden aufgegeben, da sie auch keine Freude mehr machen. Auch in Beziehungen fühlen sich betroffen desinteressiert und gelangweilt, dadurch entsteht ein Gefühl von Einsamkeit.

Phase 6 - Psychosomatische Reaktionen

Es entstehen psychosomatische, also körperliche Beschwerden. Anzeichen davon sind schon von Anfang an bemerkbar, jedoch werden sie nicht ernst genommen.

Typische Symptome sind Schlafstörungen, Muskelverspannungen, Herzklopfen, Magenverstimmungen, Lustlosigkeit und Infektionsanfälligkeit. 

Phase 7 - Verzweiflung

Die Hilflosigkeit wird zu einer generellen Hoffnungslosigkeit. Es erscheint alles sinnlos, da nichts mehr wirklich Freude bereitet. Nun hat sich eine schwere Depression auf alle Lebensbereiche ausgebreitet und Suizidgedanken sind nicht selten.

Was kann ich dagegen tun?

Du findest dich in einer diesen Phasen wieder oder du hast das Gefühl, das könnte dir passieren? Keine Angst, es gibt eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten, von unterschiedlichen Therapieformen bis hin zu Medikamenten ist alles möglich. Es kommt auf die individuelle Situation und Persönlichkeitsstruktur an, was am besten geeignet wäre. Hier sind meine effektivsten Interventionen gegen Burn-Out.

1. Kooperiere mit deinem inneren Antreiber

Wir alle haben einen inneren Antreiber (oder Antreiberin natürlich!), der uns Dinge sagt wie: „Du musst perfekt sein!“, „Streng dich noch mehr an!“, „Beeil dich doch!“, „Mach es den anderen recht!“, „Ein bisschen mehr geht noch!“. Wichtig ist der richtige Umgang mit diesem Antreiber. Wir brauchen ihn, um Motivation zu bekommen und unsere Ziele zu erreichen, aber seine Sätze sollten nicht rund um die Uhr Gültigkeit haben. Das bedeutet, es ist nicht sinnvoll ihn zu verurteilen oder zu hassen, da wir ohne ihn auch ziemlich aufgeschmissen wären. Hier gilt es empathisch zu sein und ihn verstehen zu lernen. Du kannst ihm zum Beispiel sagen: „Ich weiß, du möchtest jetzt auch noch den letzten Punk erledigen, aber ich bin müde und brauche eine Pause, damit ich nicht krank werde!“ oder „Ich darf auch Fehler machen!“. Hilfreich kann es auch sein, den Antreiber ein wenig „auszutricksen“ und ihm zu erklären, dass man mit Pausen insgesamt ja viel mehr schafft. Das könnte ihn auch beruhigen. Sinnvoll ist es, diese beruhigenden Sätze aufzuschreiben und aufzuhängen, damit sie ständig präsent sind.

Eine andere Variante wäre es, sich den inneren Antreiber bildlich vorzustellen, ihm also einen Namen und eine Stimme zu geben. Schließe deine Augen und frage dich dann: „Wo befindet sich mein Antreiber?“ Ist er vielleicht direkt hinter dir? Sitzt er dir im Ohr, im Nacken oder auf der Schulter? Wahrscheinlich ist er zu Nahe und macht dir deswegen so einen Druck! Stell dir vor dein Lehrer/deine Lehrerin, oder dein Chef/deine Chefin würde ständig so nah neben dir stehen und dir sagen, was du tun sollst. Überlege dir also wie weit und wo er stehen sollte, damit er dich zwar motiviert, aber nicht ständig stresst. Vielleicht stellst du ihn 5m weg, vielleicht sind es 10? Vielleicht stellst du dir vor, wie du ihn in einen anderen Raum stellst. Finde eine passende Lösung für dich und schicke deinen innneren Antreiber immer wieder dorthin, wo er hingehört, nämlich in die „Coaching Zone“, von wo aus er dich motivieren kann und nicht auf deine Schulter.

Anmerkung: Bei Menschen, die bereits im Burn-Out sind oder eine Depresssion oder Motivationsproblem haben, hat sich dieser innere Antreiber wahrscheinlich verzogen, hier gilt es ihn wieder zu holen und ihn zu bestärken.

2. Entspannungstechniken erlernen

Menschen, die es schaffen, immer wieder in einen Zustand der Entspannung zu kommen, erholen sich besser und sind demnach weniger stark gefährdet. Es gibt unzählig viele Entspannungstechniken und sie sind unterschiedlich einfach und schnell zu erlernen. Für Neulinge eignet sich wahrscheinlich die Progressive Muskelentspannung sehr gut (Anleitungen dazu von mir gibts bald auf der Website, sonst einfach googeln). Atemübungen oder angeleitete Meditationen wie z.B. Headspace bieten auch enorme gesundheitliche Vorteile. Auch autogenes Training ist sehr sinnvoll und hilfreich. Wichtig ist es, geduldig zu sein und zu lernen wieder in einen Zustand der Entspannung zu kommen.

3. Bewegung (aber nicht jede!)

Bewegung wirkt präventiv sehr gut. Ist man jedoch bereits in einer Burn-Out Phase, und ist von der Persönlichkeit Typ 2, läuft man Gefahr, auch hier wieder zu sehr auf die Leistung und Anerkennung zu achten und somit die Problematik zu verschlimmern. Besser sind Sportarten, wo es nicht auf die Leistung ankommt und wo viel mit Achtsamkeit gearbeitet wird. Yoga, Spaziergänge und alles, was ohne Stress oder Druck geschehen darf, ist förderlich. Am Besten in der Natur und ohne Uhrzeit, vorgegebenem Tempo oder vordefinierter Strecke. 

4. Gestalte dein Leben ein wenig um

Tausche ein paar stressige Aktivitäten gegen Aktivitäten aus, die dir Spaß machen und sich erholsam und leicht anfühlen. Dazu musst du vielleicht wieder mit deinem innneren Antreiber verhandeln oder dir selbst auferlegte Gebote („Dafür bist du zu alt!“, „Du bist nicht zum Spaß auf der Welt!“) außer Kraft setzen. Es reicht, wenn du dir zu Beginn einmal die Woche vornimmst 2 Stunden Zeit für dich zu haben. Probier verschiedene Dinge aus, geh Eislaufen, Tanzen, bastle etwas schönes, telefoniere mit deiner Oma, oder was auch immer dir einfällt, auch wenn es dir lächerlich erscheint.

5. Löse Konflikte und Blockaden

Konflikte, egal ob innere oder äußere Konflikte, lösen enormen Stress aus und brauchen viel Energie. Versuche äußere Konflikte durch Empathie, offene Kommunikation und gesundes setzen von Grenzen (in einem anderen Artikel mehr dazu) zu lösen. Innere Konflikte brauchen ebenfalls viel Empathie, denn wer kennt diesen inneren Kampf nicht, wenn ein Teil von uns etwas möchte, aber ein andere Teil das verhindert? Vielleicht möchtest du eine Ausbildung anfangen, traust dich aber nicht, da du glaubst du wärst zu dumm? Vielleicht hättest du gerne eine Beziehung, willst aber mit keinen fremden Menschen sprechen? Vielleicht möchtest du dich mehr bewegen, weil du weißt, dass es dir gut tut, aber gleichzeitig auch auf der Couch liegen bleiben? In all diesen Fällen stehen sich verschiedene Ziele und Motivationen im Weg, was dazu führt, dass du blockiert bist. Schenke dir in diese Zwickmühlen viel Empathie und Mitgefühl, anstatt dich dafür zu verurteilen. Jeder Mensch erfährt solche Zwickmühlen und nur mit Geduld, Mut und Empathie lassen sie sich auflösen.

Reflektier auch einmal deine Ziele und überdenke dein Zielsetzung. Frag dich: „Was will ich ihm Leben?“. Manche Ziele vertragen sich vielleicht nicht oder stehen sich auch gegenseitig im Weg.

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Hilfreiche Links

Selbsttest: https://staedteverband.ch/cmsfiles/test_de_maslach_(burnout)_-_d.pdf

Entspannungstechniken und Meditationen werde ich bald selbst hier auf der Website bereitstellen! Findet ihr aber auf Youtube auch.

 

Persönliche Erfahrung

Jeder Mensch kann von Burn-Out betroffen sein. Vor allem Menschen, die ehrgeizig sind und ihre Leidenschaft gefunden haben. Auch ich selbst hatte schon einmal eine Phase, wo ich Angst bekam, dass mit mir etwas nicht stimmte. Das ständige online sein, die Flut an Nachrichten auf Instagram, überstarkes Verantwortungsgefühl und ein Hang zum Workaholic, führten auch bei mir schon einmal zu deutlichen Anzeichen eines Burn-Outs. Ich hatte Symptome wie Rastlosigkeit, einen Kloß im Hals, Motivationsprobleme und Schlafprobleme. 

Ich dachte mir: „Bis zum nächsten Urlaub geht das schon noch! Mach noch mehr, damit du den Urlaub dann auch genießen kannst!“

Es dauerte fast 10 Tage, bis ich im Urlaub zu Ruhe fand. Eine strikte Instagram Pause, tägliche Wanderungen, tägliche Enstpannungsübungen und Meditationen haben mir dann zum Glück recht schnell geholfen.

Alexander Tiesenhausen

Bücher/Literatur

[1] Sotile WM, Sotile MO. Beyond physician burnout: keys to effective emotional management. JMed Pract Manage 2003; (18): 314-316. /

[2] HTA-Bericht „Therapie des Burnout-Syndroms“ des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (2012)

[3] von Känel R. Das Burnout-Syndrom: eine medizinische Perspektive. Praxis 2008; 97(9): 477-487. 

[4] Korczak D, Kister C, Huber B. Differentialdiagnostik des Burnout-Syndroms. 2010. Köln, DIMDI. HTA 278

[5] E. Ponocny-Seliger1R. Winker2. 12-Phasen-Burnout-Screening. Startseite. Retrieved December 7, 2021, from https://www.asu-arbeitsmedizin.com/originalia/12-phasen-burnout-screening.